Freiwillige pflanzen in Bad Endbach 1.500 Weißtannen für den Gemeindewald der Zukunft


Der Einsatz der Freiwilligen des Vereins Bergwaldprojekt ist Teil größerer Pflanzaktionen auf ehemals von Fichten dominierten Flächen. Die Ehrenamtlichen werden mit ihrem Einsatz im Bad Endbacher Gemeindewald einen konkreten und persönlichen Beitrag zur Wiederbewaldung leisten. Daneben soll der Einsatz die Freiwilligen für eine nachhaltige Lebensweise in ihrem Alltag sensibilisieren.

Die Pflanzung von insgesamt 1.500 Weißtannen von Freiwilligen wird auf einer ehemals hauptsächlich mit Fichten bestockten Fläche erfolgen. Infolge der Trockenheit der vergangenen Jahre sind diese flächig abgestorben. Die ebenfalls vorkommenden Rotbuchen weisen zudem deutliche Trockenschäden auf. Die Weißtanne gilt als trockenheitstolerantere Baumart, die mit ihren tiefgehenden Pfahlwurzeln auch tiefere Wasserreserven erschließen kann und dadurch gleichzeitig auch besonders sturmfest ist. Zusätzlich werden die gepflanzten Bäume mit Einzelschützen vor Wildverbiss geschützt. Und, wenn dann noch Zeit ist, sollen nicht mehr benötigte Wuchshüllen bzw. Fegeschutzspiralen auf Kyrillkulturflächen abgebaut werden. Angeleitet werden die Ehrenamtlichen von Projektförster Jonathan Schüppel vom Bergwaldprojekt e.V. – in Zusammenarbeit mit Revierförster Stefan Solm von HESSEN-FORST und Andreas Beer von der Gemeinde Bad Endbach.

Schafwollpellets im Forst

Einem Teil der gepflanzten jungen Bäume werden versuchsweise Schafwollpellets in die sie umgebende Erde beigemischt. Schafwolle ist reich an gebundenen Nährstoffen, die nur langsam an die Erde abgegeben werden. Die Nährstoffverfügbarkeit für die Pflanzen beträgt rund zehn Monate, sodass sich die Pellets als nachhaltiger Langzeitdünger eignen. Und die Wolle dient zusätzlich auch als Wasserspeicher. Das führt nicht nur dazu, dass die Pflanze in Trockenphasen gut versorgt ist, sondern auch, dass die Wasser-Bindekapazität im Boden mehr als verdoppelt wird und Nährstoffe so bei Regen nicht so schnell ausgespült werden.

Bisher ist der Einsatz von Pellets im Forst noch recht unbekannt. Da aber auch im Forst die zunehmende Trockenheit Probleme bereitet, soll mit dem Versuch festgestellt werden, ob und wie stark sich die Zugabe von Wollpellets auf das Wachstum und vor allem etwaige Pflanzenausfälle auswirkt. Danach lassen sich eventuell erste Erkenntnisse für die Praxis vor Ort ziehen und bei zukünftigen Projekten berücksichtigen. Die Der Landkreis Marburg-Biedenkopf mit seiner Ökomodell-Region Marburg-Biedenkopf unterstützt hier den Hessenforst, indem sie die Pellets kostenfrei für den Versuch zur Verfügung stellt.

Hintergrund Verwendung Schafwollpellets

Im Landkreis Marburg-Biedenkopf gibt es über 14.000 Schafen. Die Tiere leisten durch die Beweidung nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege, zum Erhalt der Kulturlandschaften und der Artenvielfalt, sie bringen auch Wolle als nachwachsenden Rohstoff mit. In den vergangenen Jahren wurde die wertvolle Wolle nach der Schur zunehmend zum Abfallprodukt. Wegen des Wegfalls regionaler Strukturen sind viele Absatzwege und Verarbeitungsmöglichkeiten für Rohwolle weggebrochen. Eine Projektgruppe von Schafhalter*innen aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf unter Leitung der Ökomodell-Region Marburg-Biedenkopf hat nach neuen Wegen gesucht, die Schafwolle zu verarbeiten und die Produktion und Vermarktung von Schafwollpellets gestartet. Die Schafwollpellets können als nährstoffreicher Naturdünger im Garten genutzt werden. Die Pelletierung erzielt eine nachhaltige Verwendung der Schafwolle mit vielen Vorteilen für den Boden und die Pflanzen, unterstützt Schäfer*innen im Kreis und entspricht der Nachhaltigkeitsstrategie des Landkreises Marburg-Biedenkopf.

„Wir freuen uns auf die engagierten Menschen aus ganz Deutschland, die mit ihrem Einsatz unseren Gemeindewald klimastabiler machen werden und dabei hautnah erleben können, wie sich unser Wald aufgrund äußerer Einflüsse rasant verändert. Mit ihrem persönlichen Beitrag leisten sie einen Beitrag zum Fortbestand des Waldes, wovon letztendlich wir alle profitieren werden“, erklärt Julian Schweitzer, Bürgermeister der Gemeinde Bad Endbach, über den Einsatz im Gemeindewald.

Bei dem Arbeitseinsatz sieht Jonathan Schüppel vom Bergwaldprojekt noch einen weiteren Aspekt: „Wer sich in seiner Freizeit tatkräftig für den Wald engagiert, entwickelt auch eine neue Beziehung zur Natur. Die in der Einsatzwoche gemachten Erfahrungen der Selbstwirksamkeit motiviert die Teilnehmenden auch darin, den eigenen Alltag naturverträglicher und ressourcenschonender und damit auch zukunftsfähiger zu gestalten.“

Neben der praktischen Arbeit ist wie bei allen Projektwochen ein gemeinsamer Exkursionsnachmittag vorgesehen, um mehr über die vielfältigen und lokalen Aspekte des Ökosystems Wald und dessen Bedeutung für Mensch und Natur zu erfahren. Untergebracht sind die Freiwilligen im Alter von 23 bis 60 Jahren in einem am Wald gelegenen Freizeitheim mit Mehrbettzimmern. Ein eigener Koch und eine eigene Köchin kümmern sich mit vegetarischer Vollwertkost – mit möglichst regionalen und saisonalen Zutaten – um die Verpflegung der Freiwilligen.

Bergwaldprojekt e.V.

Das Bergwaldprojekt organisiert Freiwilligeneinsätze im Wald, im Moor und in Kulturlandschaften. Dieses Jahr wird der Verein mit seinen Einsatzwochen allein in Deutschland ca. 4.000 Freiwillige in die Natur bringen. 2022 finden 161 Projektwochen an 81 verschiedenen Standorten in ganz Deutschland statt. In 14 verschiedenen Wäldern werden diesen Herbst außerdem deutschlandweit einzelne Pflanztage durchgeführt. Anmeldung: https://www.bergwaldprojekt.de/projekte/freiwilligenprojekte/neihaufeschte-pflanztage. Ziele der Arbeitseinsätze sind der Schutz und die Wiederherstellung der Ökosysteme, den Teilnehmenden die Bedeutung und die Gefährdung unserer natürlichen Lebensgrundlagen bewusst zu machen und eine breite Öffentlichkeit zu einem naturverträglichen Umgang mit den natürlichen Ressourcen zu bewegen.